München/Mönchstockheim: Kultfigur? Einzigartige Statuette stellt Wissenschaft vor Rätsel
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Ein Archäologen-Team hat bei Grabungen in Bayern eine mehrere tausend Jahre alte Tonskulptur entdeckt. Vergleichsfunde gibt es bislang keine
Möglicherweise verehrten Menschen die kleine Statuette vor fast 3000 Jahren als Wassergottheit. Für ihre Funktion als Kultobjekt mit starkem Bezug zum Wasser spricht zumindest ihr Fundort. Entdeckt haben Archäologinnen und Archäologen die Keramikfigur in einer vorgeschichtlichen Rinne, die den Siedlern einer nahegelegenen hallstattzeitlichen Siedlung zwischen dem 8. und 6. Jahrhundert vor Christus im heutigen Mönchstockheim im Landkreis Schweinfurt möglicherweise zur Wasserentnahme diente. Zurzeit befindet sie sich für Untersuchungen im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, wo sie auch schonend per Airbrush-Wasser-Technik gereinigt und getrocknet wurde. Auffallend ist das fein modellierte Gesicht der Skulptur: Augenhöhlen, Nase, Lippen und Kinn sind deutlich zu erkennen. Heute haben Kunstminister Markus Blume und Generalkonservator Mathias Pfeil die Statuette im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München den Medien vorgestellt.
„Nur 19 cm groß, mehrere tausende Jahre alt, filigran aus Ton gearbeitet und gerade deswegen der Star im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Die Wassergöttin beweist: Bayern war schon vor knapp 3.000 Jahren Kulturland“, erklärt Kunstminister Markus Blume.
„Denkbar ist, dass die Menschen damals diese besondere landschaftliche Lage als heiligen Ort betrachteten und die kleine Statuette ihnen als rituelle Opfergabe diente oder sie ihr gar magische Kräfte zuschrieben“, ergänzt Generalkonservator Prof. Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege.
Die planmäßigen Ausgrabungen haben im Vorfeld zu Bauarbeiten für die Ortsumgehung von Mönchstockheim an der Staatstraße 2275 stattgefunden. Am Fundort konnte das Archäologen-Team nicht nur die kleine Tonfigur, sondern auch zahlreiche Scherben, Töpferwerkzeuge aus Knochen und einen gut erhaltenen, ebenfalls sehr ungewöhnlichen Tonstempel bergen. Dass die Keramikfunde nicht durchs Wasser abgerundet worden waren, spricht dafür, dass sie nicht an ihren Fundplatz geschwemmt, sondern bewusst in den einstigen Graben gelegt worden sind. Darüber hinaus zeugen Kalkausfällungen von einer ehemaligen Quelle in unmittelbarer Nähe.
Die gefundenen Gefäßfragmente können eindeutig der Hallstattzeit zugeordnet werden. Sie datieren ins 8. bis 6. Jahrhundert vor Christus. Für die Statuette existieren aber bisher keine Vergleichsfunde.
„Aus Ton gefertigte Figuren dieser Art sind zum Beispiel aus der westlichen
Schwarzmeerregion bekannt. Sie datieren ins 5. Jahrtausend vor Christus. Jedoch
deuten die weiteren Funde auf eine wesentlich jüngere Datierung der Statuette
hin. All dies gibt viel Raum für zukünftige Interpretationen“, so Dr. Stefanie Berg,
die zuständige archäologische Denkmalpflegerin am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege.
Heute ist die Skulptur 19 Zentimeter hoch, im ursprünglichen, vollständigen Zustand dürfte sie etwa zehn Zentimeter länger gewesen sein. Da die Beine nur noch ansatzweise vorhanden sind und die Vorderfläche des Oberkörpers fehlt, gibt die Körperform keinen Aufschluss über das Geschlecht. Die mit Löchern durchsetzten Seiten des Kopfs könnten eine mit Metallringen verzierte Haube darstellen.
Ein derartiger Kopfschmuck wird Frauen zugeschrieben.
Auch das Muster des Tonstempels vom gleichen Fundort ist äußerst außergewöhnlich. Da seine Druckfläche nach innen gewölbt ist, gehen die Experten davon aus, dass er genutzt wurde, um organische Materialien zu verzieren – etwa Brotteig. Entsprechende Experimente, die die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege mit einer Replik durchgeführt haben, sprechen ebenfalls dafür.
Zur Hallstattzeit
Als Hallstattzeit oder Hallstattkultur wird die Ältere Eisenzeit in weiten Teilen Europas ab etwa 800 bis 450 vor Christus bezeichnet. Namensgebend für die Epoche ist das Gräberfeld von Hallstatt in
Österreich.