Düsseldorf: Die Play-Off-Teilnahme der Düsseldorfer Borussen war längst vor diesem Spiel eingetütet. Mit dem 3:0-Sieg der Gastgeber gegen den TSV Bad Königshofen sicherte der Rekord-Meister auch Platz 1 endgültig ab. Vor dem Spiel bekamen aber auch die 30 Königshöfer der etwa 100 Zuschauer eine bisher völlig unbekannte, dramatische Entwicklung mit – so wie die Zeiten zurzeit eben sind. Im Zentrum des Deutschen Tischtennisbunds Düsseldorf drang nämlich durch, ob als Gerücht oder Tatsache, dass der Ausschluss der russischen Sportler aus dem Spielbetrieb der TTBL unmittelbar bevorsteht. „Der Bub kann doch nichts dafür“, entschied sich Andy Albert pro Maksim Grebnev, der zudem nach Saison-Ende am 13. April den TSV Richtung Neu-Ulm verlassen wird. „Wir haben uns dafür entschieden, dass Maxi und nicht Filip Zeljko spielt, noch dazu gegen Timo Boll. Wahrscheinlich ist es sein Abschiedsspiel“, was eine ganz neue Komponente seines Auftritts sein sollte. „Er hat es sich verdient.“
Der TSV ist, nebenbei bemerkt, ja auch noch Arbeitgeber der Bundes-Freiwilligen-Dienstlerin Ksenia Mukhaeva aus Vladimiur bei Moskau und des Jugendtrainers Olexsii Mesich, der in der Ukraine geboren und aufgewachsen und mit seiner Familie nach Minsk/Weißrussland ausgewandert ist. Alberts Beobachtung nach fühlen sich die beiden und Grebnev „in bestem Einvernehmen als Mitglieder der TSV-Familie.“ So wie Grebnev in dieses Spiel gegen Timo Boll einstieg, konnte er daran keine Gedanken verschwendet haben, zumindest im total überzeugenden ersten Satz. Über 8:3 und 9:5 war er auf 10:7 davongezogen, als ob ihn nichts, aber auch gar nichts ablenken würde.
Boll, in zehn Tagen 41, wäre aber nicht Boll, hatte dennoch nie die Kontrolle über das Spiel verloren, zeigte sich jetzt als der typische Boll: Mit extrem hoher Grundsicherheit und einem fantastischen linken Händchen war er da, als er gebraucht wurde, und holte sich die nächsten fünf Bälle zum 12:10. In den beiden folgenden Sätzen zeigte er dann dem noch genau halb so alten Grebnev, wo der Bartel den Most holt, zog jeweils eingangs auf 1:6 bzw. 1:7 davon und hielt die Vorsprünge bis ins Ziel. Sonst die Spielweise beschreibende Attribute wie „aggressiv, tapfer, tödliche Vorhand oder brutale Rückhand“ bekommen auf einmal unwillkürlich eine Doppelbedeutung.
Es folgte ein Kopf-an-Kopf-Duell zweier Ergebnis-statistisch voneinander entfernter, aber gleichstarker Spieler: Der Schwede Anton Källberg, Bilanz 23:2, gegen Kilian Ort, Bilanz 11:9. Im ersten Satz führte Ort erstmals bei 6:5 und baute seinen Vorsprung auf 11:6 aus. Den zweiten verlor er 7:11, im dritten holte er von 7:9 auf 9:9 auf und nahm sich, nicht nur eine Auszeit, sondern auch selber aus dem Rhythmus, verlor 9:11. Sein bestes Tischtennis spielte Kilian Ort im vierten Durchgang – 11:4. Doch er trainiert auch das ganze Jahr im Bundesleistungszentrum in Düsseldorf und steht somit im Schaufenster zur Beobachtung und Analytik seiner potenziellen Gegner. Was womöglich den fünften Satz des hart umkämpften Matches entschied. Bis 8:8 zog nie einer mehr als zwei Punkte weg. Dann entschied, was bisher schon vorentscheidend war: Källberg brachte seine eigenen Aufschläge durch und nahm Ort den seinen zum 8:11 ab. Es waren wieder einmal ein paar Sekunden zu Ungunsten der Königshöfer in den letzten zwei Spielen, gegen Fulda und hier.
Auch bei Bastian Steger. Der hatte es mit dem wahrscheinlich inzwischen drittbesten deutschen Tischtennisspieler, Dang Qiu, Bilanz 12:1, zu tun. Wie lange reicht die Kraft? Das war die Frage, die Bastian Steger, der Corona-Rekonvaleszent, hinterher nicht gelten lassen wollte. Aber da sprach der Sportsmann, der keine Ausreden geltend machen will, wenn er sich zum Kampf gestellt hat. Dem regelmäßigen Beobachter seiner Spielkunst fallen aber sehr wohl Momente und Details auf, bei denen ihm seine lange Wettkampfpause anzumerken ist, seien es körperliche Defizite oder es Konzentrationsmängel, die sich dazu gesellten. „Und dennoch“, so Andy Albert, „bin ich nicht enttäuscht über ihn, sonder froh, dass es mit ihm aufwärts geht.“
Jene Konzentrationsmängel entschieden – vielleicht – schon den ersten Satz, als Steger 4:0 und 10:8 mit zwei Satzbällen führte und doch 11:13 unterlag. Der zweite Satz war womöglich noch die Folge des ersten. Da war Qiu schnell mit 1:6 davon und ließ keine Chance ungenutzt, den Oberpfälzer irgendwie in die Defensive zu drängen – 4:11. Der dritte Durchgang verlief wieder auf Augenhöhe – bis 9:9. Dann kamen erneut jene paar unglücklichen Sekunden, und ein spektakulärer Ballwechsel beendete nach insgesamt nur 80 Minuten dieses eigentlich weniger spektakuläre TTBL-Spiel. Es brachte die zweite Niederlage in Folge für den TSV und für Basti Steger. Letzteres indes gab es bisher sehr selten. Nach einer vierwöchigen Pause tritt der TSV am 1. April in Ochsenhausen an und am 13. April im letzten Saisonspiel daheim gegen Mühlhausen.
Ergebnisse:
Timo Boll – Maksim Grebnev3:0
(12:10/11:6/11:6)
Anton Källberg – Kilian Ort3:2
(6:11/11:7/11:9/4:11/11:8)
Dang Qiu – Bastian Steger3:0
(13:11/11:4/11:9)
Quelle: TSV Bad Königshofen