Adelgunde Schmitt und ihr Sohn Christopher (rechts im Bild) präsentieren dem Wirtschaftsförderer Michael Brehm ihre druckfrischen Seminarunterlagen. Foto: Matthias Schmitt
„Wandel Consulting“ füllt die Lücke an Gründerseminaren
Bereits im Jahr 2016 hatte das damalige Bundeswirtschaftsministerium die Förderung von Existenzgründerseminaren eingestellt und bezuschusst stattdessen individuelle Beratungsleistungen. Nach Auffassung von Michael Brehm, Wirtschaftsförderer im Landkreis Haßberge, ein falscher Ansatz. Denn zu einem erfolgreichen Unternehmensstart gehört seiner Meinung nach auf jeden Fall ein umfassendes Grundlagenwissen. „Eigene Stärken, Alleinstellungsmerkmale, Betriebsstrukturen, Kalkulation, Werbeinstrumente und vieles mehr müssen zunächst gut durchdacht und ausgearbeitet werden, damit am Ende ein tragfähiges Businesskonzept für eine nachhaltige, erfolgreiche Selbständigkeit entsteht“, so Brehm.
Rechtsform, Versicherung, Steuern & Finanzen sind deshalb Themen, die der Wirtschaftsförderer in seinen Gründungsberatungen regelmäßig anschneidet und dabei häufig noch Lücken bei den Gründern identifiziert. Alleine die Wahl der Rechtsform des künftigen Unternehmens könne für Existenzgründer teils gravierende Nachteile, aber auch Vorteile bieten – sowohl haftungs- als auch steuerrechtlich. Ganz zu schweigen von der Frage, wie und welche Buchführungspflichten am Ende bestehen oder welche Eintragungspflichten im Handelsregister vorzunehmen sind. Aber auch im Hinblick auf Kosten und Liquidität des Betriebes sei es von elementarer Bedeutung, ob die Selbständigkeit als Einzelunternehmen, als GmbH, uG (haftungsbeschränkt) oder ähnliches ausgeübt wird.
Darüber hinaus gebe es auch Bereiche, für die der Wirtschaftsförderer oder Gründungsbegleiter nur sensibilisieren könne. Denn eine echte „Rechts- und Steuerberatung ist in Deutschland den Rechtsanwälten und Steuerberatern gesetzlich vorbehalten“, betont Adelgunde Schmitt. „Deswegen schenken wir diesen Themen größte Aufmerksamkeit und lassen die unterschiedlichen Formen die Kursteilnehmer selbst erarbeiten und gegenseitig vorstellen“, so Schmitt weiter. Ihrer Erfahrung nach hilft eine anschließende Diskussion, schwierige Dinge zu verstehen“.
Deswegen mag nach Auffassung des Wirtschaftsförderers eine begleitende Beratungsleistung während der Gründungsphase durchaus sinnvoll sein. „Allerdings ist sie nach meiner Meinung bereits der zweite Schritt auf dem Weg in die Selbständigkeit“, so Michael Brehm weiter.
Crashkurs anstatt Grundlagenseminar
Dass Gründerseminare nicht mehr bezuschusst werden, hatte unweigerlich zu einer massiven Erhöhung der Seminargebühren geführt, was wiederum zahlreiche Gründer vom Besuch eines derartigen Seminars abgehalten habe. Dies wiederum führte letzten Endes zum Verschwinden von Seminaranbietern und deren Angebote am Markt. Bereits im Dezember 2018 suchte der letzte verbliebene Referent in der Region, Gründer-Guide Albrecht Groß aus Nüdlingen, nach beruflicher Veränderung. Seitdem besteht nicht nur im Landkreis Haßberge, sondern in der ganzen Region ein Vakuum an fundierten Grundlagenvermittlungsangeboten für Existenzgründer.
Die beiden Kammern – HWK und IHK – bemühen sich zwar diese Lücke durch kostenlose mehrstündige Online-Seminare zu schließen; eine in die Tiefe gehende Wissensvermittlung sei aber auch mit diesen Angeboten nicht zu erreichen. „Das ist kein Vorwurf an die Kammern, denn auch sie müssen ihre Angebote finanzieren“, betont Brehm ausdrücklich.
Ohnehin gehe die Nachfrage nach Gründerseminaren stets synchron mit den Entwicklungen am Arbeitsmarkt: je mehr Vollbeschäftigung, desto geringer die Gründerquote. Nachdem nach überstandener Corona-Pandemie bereits wieder händeringend nach Fach- und Arbeitskräften in allen Branchen gesucht wird, scheint die Wahrscheinlichkeit nach einer steigenden Nachfrage nach Gründungsberatungen also eher gering. Umso erfreuter zeigt sich der Wirtschaftsförderer des Landkreises darüber, dass seit Kurzem in Ebern Gründungsseminare diese Lücke schließen.
„Ich sehe in den kommenden Jahren einen großen Bedarf an Unternehmerinnen und Unternehmern für Gründungen und Unternehmensnachfolgen. Dazu braucht es ein unterstützendes Ökosystem, bei dem alle an einem Strang ziehen und wo die einzelnen Maßnahmen aufeinander abgestimmt sind. Wir stehen am Anfang eines großen Wandels hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft. Vermutlich wird das zu einem Sinken von Arbeitsplätzen führen, was natürlich wiederum einen guten Nährboden für Existenzgründer bilden wird. Mehr Fachkräfte werden verfügbar, neue, kreative Ideen werden entstehen. Vielleicht gibt es auch wieder mehr Mut zum Risiko. Auf diesen Wandel wollen wir uns schon jetzt vorbereiten“, visioniert Christopher Schmitt, der zweite Gründungsberater im Bunde.
Christopher Schmitt, zertifizierter IHK Gründungscoach, AVGS- und BAFA-Berater, sowie seine Mutter Adelgunde (IHK-geprüfte Bilanz- und Lohnbuchhalterin, Lexware-Trainerin) mit ihren 45 Berufsjahren ergänzen sich mit ihrem fachlichen Wissen und vervollständigen damit das Beratungsangebot in unserem Landkreis. Ein Angebot, mit dem sie kürzlich in Ebern an den Start gegangen sind. Hierzu haben die beiden einen eigenen Seminarraum eingerichtet, der mit allem erforderlichen modernen Equipment ausgestattet ist: neben Beamer, Leinwand, Whiteboard und WLAN werden die Teilnehmer einen gemütlichen Aufenthaltsraum vorfinden. Die Schmitts möchten nicht nur die Kernthemen unternehmerischen Handelns vermitteln, sondern auch gleich das „Netzwerken“ – also den Erfahrungsaustausch der Gründer untereinander – als weiteren wichtigen Baustein behandeln. „Und das ist in lockerer Atmosphäre bei einer Tasse Kaffee oder Tee nun mal leichter möglich als in einem sterilen Seminarraum“, so Wirtschaftsförderer Brehm. „Überhaupt legen die beiden großen Wert darauf, für die Teilnehmer eine Wohlfühlatmosphäre in ihren Räumlichkeiten zu schaffen.“
Zuschuss des Landkreises
Nachdem 2016 die Förderung für Gründerseminare eingestellt wurde, ist der Landkreis in die Bresche gesprungen; er versucht, durch seinen Zuschuss den Existenzgründern die Seminarbesuche „schmackhaft“ zu machen. Bereits im Herbst 2015 hatte der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Regionalentwicklung beschlossen, dass Existenzgründer aus dem Landkreis für den Besuch eines Gründerseminars einen fünfzigprozentigen Zuschuss, maximal 100 Euro, beantragen können. So gelang es bis Ende 2018, die Nachfrage nach Gründerseminaren hochzuhalten. Die neuen, dreitägigen Seminare werden in Ebern für 400 Euro (netto) angeboten. Abzüglich des Zuschusses der Wirtschaftsförderung bleiben zwar noch immer 300 Euro netto an eigenen Kosten. Diese können die Teilnehmer dann bei der ersten Steuererklärung gewinnmindernd als Betriebsausgabe geltend machen – vorausgesetzt, sie lauschen aufmerksam den Ausführungen im Seminar.
Info:
Das nächste Gründungsseminar findet vom 16. Januar 2022 bis 28. Januar 2022 in Ebern statt. Dieses und weitere Veranstaltungen werden regelmäßig auf der Internetseite https://www.wirtschaftsraum-hassberge.de/aktuelles/termine-veranstaltungen/ von der Wirtschaftsförderung des Landkreises beworben.
Quelle: Landratsamt Haßberge