Foto: PRIMATON Symbolbild
Die Streiks im bayerischen Einzel- und Versandhandel sowie im Groß-und Außenhandel werden in dieser Woche ausgeweitet. Schwerpunkt wird mit Edeka der größte Konzern im Einzel- und Großhandel. Zu Warnstreiks werden die Beschäftigten von zahlreichen Netto Filialen in der Oberpfalz, Oberfranken, Niederbayern und Beilngries sowie den Edeka Zentrallägern in Marktredwitz, in Schwabach, in Gochsheim und in Sachsen bei Ansbach aufgerufen. Damit wird die Versorgung der Edeka Filialen in Nordbayern empfindlich gestört. Aufgerufen werden auch Beschäftigte von Ikea in Eching, Regensburg und Taufkirchen, Kaufland in Bad Kissingen, Hof und Regensburg, Marktkauf in Hof, Norma in Regenstauf und Hoffmann in Odelzhausen. Wegen Schutz- und Hygienemaßnahmen werden die Streikenden sich nur zu kurzen Aktionen vor den Betrieben versammeln bzw. ohne Aktion vor Ort in den Ausstand treten.
„Im bayerischen Groß- und Außenhandel leisten die Beschäftigten hervorragende Arbeit und bescheren den Unternehmen herausragende Gewinne. Schließlich waren es die Beschäftigten, welche in der Pandemie die Republik am Laufen hielten,“ erklärt Thomas Gürlebeck, ver.di Verhandlungsführer im Großhandel und Streikleiter in München.
„Trotz der Rekordumsätze der Handelskonzerne während der Pandemie verweigern die Arbeitgeber in den Tarifverhandlungen den Respekt und die Wertschätzung durch Entgelterhöhungen. Da hilft nur Druck aus den Betrieben“, so Hubert Thiermeyer, ver.di Verhandlungsführer im Einzel- und Versandhandel Bayern.
„Rekordumsätze bedeuten Rekordarbeit für die Beschäftigten und dies unter extrem erschwerten Bedingungen durch die Pandemie. Das verdient Anerkennung und faire Entgelterhöhungen“, sagte Christin Rappl, ver.di Streikleiterin in der Oberpfalz.
„Viele unserer Kolleginnen im Einzelhandel kommen schon heute mit ihrem Gehalt schwer über die Runden. In der Rente sind sie dann nach einem harten Berufsleben von Altersarmut bedroht. Deutliche Entgelterhöhungen sind hier das wirksamste Gegenmittel“, machte Monika Linsmeier, ver.di Streikleiterin in Niederbayern deutlich.
„In einigen Konzernen haben die Arbeitgeber versucht durch sogenannte freiwillige Vorweganhebungen die Streiks zu erschweren. Besser wäre gewesen, wenn sie im Arbeitgeberverband für mehr Bewegung und zügige Verhandlungen gesorgt hätten“, fügte Rita Wittmann, ver.di Streikleiterin in Mittelfranken hinzu
„Neben der Corona Pandemie bedroht die Altersarmut im Handel unsere Kolleginnen und Kollegen. Und bei beiden Bedrohungen müssen wir jeden kleinen Fortschritt mühsam erkämpfen“, empörte sich Paul Lehmann, ver.di Streikleiter in Oberfranken.
„Dass die Arbeitgeber bei den ersten Tarifverhandlungen nicht mal ein Angebot vorgelegt haben, macht unsere Kolleginnen und Kollegen besonders sauer. Weniger Wertschätzung geht ja schon fast nicht mehr“, ärgert sich Peter König, ver.di Streikleiter in Unterfranken.
„Die Streikaktionen sind der berechtigte Ärger unserer Kolleginnen und Kollegen auf das unverschämte Arbeitgeberverhalten. Scheinbar hilft nur Druck“, ergänzte Reinhardt Semmler, ver.di Streikleiter in Ingolstadt.
Hintergrundinformationen:
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert in beiden Branchen eine Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 4,5 % plus 45 € im Monat. Im Einzel- und Versandhandel sollen die unteren Beschäftigtengruppen und Löhne auf ein Mindesteinkommen von 12,50 € in der Stunde angehoben werden. Die Laufzeit der Tarifverträge soll 12 Monate betragen
Die Tarifverträge des bayerischen Handels sollen wieder allgemeinverbindlich werden, damit Dumpingkonkurrenz und Vernichtungswettbewerb wirksam bekämpft werden. Für tarifgebundene Krisenunternehmen/-betriebe will ver.di durch differenzierte Unternehmenstarifverträge Lösungen zur Zukunfts- und Beschäftigungssicherung erreichen.
Die Tarifverhandlungen werden im Einzel- und Versandhandel am 8. Juni und im Groß- und Außenhandel am 9. Juni fortgesetzt.
Im bayerischen Einzel- und Versandhandel sind lt. Bundesagentur und IAB 553.000 Menschen beschäftigt. Knapp 50 % der Beschäftigten arbeiten in Teilzeit und 70 % der Beschäftigten sind Frauen. 2020 erwirtschafteten laut Statistischen Bundesamt die Beschäftigten im bayerischen Einzelhandel nominal 7,9 % mehr Umsatz und real 6,8 % mehr Umsatz.
Mit einer wirtschaftlichen Leistung von rund 230 Mrd. Euro jährlich ist der bayerische Großhandel, gemessen am Umsatz, die deutlich größte Branche in Bayern. Im bayerischen Großhandel sind rund 270 000 Menschen, davon knapp 40 % Frauen und ca. 7500 Auszubildende, beschäftigt. Rund 65 % der Beschäftigteten sind in Klein –und Mittelständischen Unternehmen beschäftigt.
Die Funktion des Großhandels, als Bindeglied zwischen den Herstellern/Industrie und z.B. den Einzelhandel, Handwerksfirmen und Landwirten, spricht ihm eine hohe Bedeutung zu. Ohne den Großhandel wäre eine Versorgung der Bevölkerung, so wie wir sie kennen, nicht denkbar. Der bayerische Großhandel ist daher das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft.
Quelle: ver.di – Landesfachbereich Handel Bayern