Profis der Gebäudereinigung können ein Problem nicht mehr wegwischen: Die Inflation reißt ihnen ein Loch ins Portemonnaie. „Aber die Arbeitgeber machen keinen Cent locker: Inflationsausgleichsprämie für Reinigungskräfte – Fehlanzeige! Das sorgt für Frust“, so die Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG BAU. Sie warnt davor, dass viele Beschäftigte der Branche den Rücken kehren: „Es darf keinen wundern, wenn Reinigungskräfte jetzt bei der Bodenwischmaschine den Stecker ziehen – für immer“, so die IG BAU. Foto: IG BAU | Florian Göricke
Warn-Notruf von denen, die Schweinfurt (noch) sauber halten: „Inflations-Ebbe im Portemonnaie“
Ein Problem lässt sich in der Gebäudereinigung nicht mehr wegwischen: In Schweinfurt gibt es 14 Betriebe der Gebäudereiniger-Branche. „Wer da arbeitet, hat ein massives Problem – und zwar im Portemonnaie“, sagt Michael Groha. Der Bezirksvorsitzende der Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG BAU Mainfranken übt heftige Kritik an den Arbeitgebern: „Wenn es darum geht, die Härte der Inflation abzufedern, zeigt die Reinigungsbranche den eigenen Leuten die kalte Schulter. Von Lebensmitteln bis zur Miete – die Preise schießen nach oben. Trotzdem gibt es für die, die Schweinfurt sauber halten, in den meisten Betrieben keinen Euro und keinen Cent extra. Inflationsausgleichsprämie für Reinigungskräfte – Fehlanzeige!“
Der Vorwurf der IG BAU Mainfranken: „Arbeitgeber in der Gebäudereinigung weigern sich seit Monaten, ihren Beschäftigten in der Inflation finanziell unter die Arme zu greifen“, so Michael Groha. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks sei nicht einmal zu Gesprächen bereit. Dabei sei die finanzielle Situation der meisten Reinigungskräfte dramatisch: „Bei ihnen herrscht ‚Inflations-Ebbe‘ im Portemonnaie. Hier geht es nämlich um Menschen, die die Inflation mit voller Wucht trifft. Wer in der Gebäudereinigung arbeitet, muss ohnehin jeden Euro zweimal umdrehen. Denn Reinigungskräfte arbeiten immer noch für einen Niedriglohn“, sagt der Vorsitzende der IG BAU Mainfranken.
Betroffen davon seien viele: In Schweinfurt arbeiten rund 1.270 Menschen in der Reinigungsbranche, so die IG BAU Mainfranken. Die Gebäudereiniger-Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen der Arbeitsagentur. „Sie halten Schulen, Büros und Arztpraxen sauber, wischen Flure, saugen Teppichböden und putzen Fenster. Die Frage ist nur: Wie lange noch?“, sagt Groha. In der Reinigungsbranche herrsche längst ein „eigenes Inflationsgesetz“: „Hohe Inflationsrate – hohe Kündigungsrate. Denn je größer das Loch, das die Inflation in die private Haushaltskasse reißt, desto größer ist der Druck, der Branche den Rücken zu kehren. Es könnten mehr und mehr bei der Bodenwischmaschine den Stecker ziehen – für immer“, so der IG BAU-Bezirksvorsitzende.
Vollzeitkräfte und vor allem aber auch Mini-Jobber hätten überhaupt kein Problem, woanders unterzukommen: „Die Gastronomie sucht genauso wie der Einzelhandel händeringend Leute“, sagt Michael Groha. Er warnt, die Arbeitgeber der Gebäudereinigung spielten „ein gefährliches Spiel“: „Sie sind dabei, ihr wichtigstes Kapital zu verpokern: Die Menschen, die für sie eine saubere Arbeit machen.“
Monat für Monat wachse der finanzielle Druck auf die Beschäftigten der Gebäudereinigung. Auch die vom Statistischen Bundesamt (Destatis) für Oktober erwartete Inflationsrate von 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat könne keine Gebäudereinigerin und kein Glasreiniger „einfach so wegstecken“. Bei Lebensmitteln seien die Preise „geradezu explodiert“. Die Sommerstatistik bezeichnet Groha als „erschreckend“: „Ein Preisschub von über 27 Prozent bei Nahrungsmitteln innerhalb von nur zwei Jahren – das schlägt eins zu eins durch. Denn wer in der Gebäudereinigung arbeitet, der hat kein Polster im Portemonnaie.“
An die heimischen Bundestagsabgeordneten appelliert die IG BAU Mainfranken, den „Warn-Notruf der Gebäudereinigung“ mit nach Berlin zu nehmen. „Denn dass es in einer ganzen Branche vor Inflationsausgleichsprämien-Verweigerern nur so wimmelt, ist zum Beispiel auch bei der Strompreisbremse ein wichtiger Punkt. Dann nämlich, wenn es darum geht, dass der Staat auch für das kommende Jahr den Fuß auf der Preisbremse behält. Denn sollte der gedeckelte Preis für Strom – wie geplant – Ende dieses Jahres auslaufen, dann würde dies gerade die Beschäftigten der Gebäudereinigung unvertretbar hart treffen. Solange sich Arbeitgeber in der Krise so verantwortungslos wie Unternehmer der Gebäudereinigung aus der Affäre ziehen, bleibt nur der Ruf nach staatlicher Hilfe“, sagt Michael Groha.
Quelle: IG BAU