Handwerk mit goldenem Boden? In Bäckereien verschärfen niedrige Löhne den Fachkräftemangel, sagt die Gewerkschaft NGG – und fordert ein kräftiges Einkommensplus.
Foto: NGG | Alireza Khalili
400 Beschäftigte im Landkreis Haßberge sollen profitieren
Sie stehen früh auf, damit Brot und Brezen morgens frisch in der Verkaufstheke liegen: Jetzt sollen die rund 400 Bäckerei-Beschäftigten im Landkreis Haßberge mehr Geld bekommen. Das fordert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Wer im Bäckerhandwerk arbeitet, macht einen wichtigen, aber auch anstrengenden Job. Der muss attraktiver werden, wenn die Branche künftig noch die Fachleute finden und halten will, die sie dringend braucht. Nachwuchssorgen plagen die Bäckermeister schon seit Jahren“, sagt Ibo Ocak, Geschäftsführer der NGG-Region Unterfranken. Ohne ausreichendes Personal in den Handwerksbetrieben bleibe den Menschen sonst bald nur noch der Griff zur aufgebackenen Massenware aus dem Supermarkt.
Konkret fordert die Gewerkschaft, dass die Löhne im bayerischen Bäckerhandwerk um 7,5 Prozent steigen – mindestens jedoch um 200 Euro pro Monat. „Gerade im Verkauf ist die Bezahlung deutlich zu niedrig. Die hohe Inflation trifft die Beschäftigten mit voller Wucht“, betont Ocak. Die Löhne der Fachverkäuferin und des Bäckers müssten deshalb angeglichen werden, verlangt die NGG. Beide hätten eine dreijährige Ausbildung hinter sich und eine ähnlich hohe Arbeitsbelastung. Mit Blick auf steigende Energie- und Rohstoffpreise zeigt die Gewerkschaft Verständnis für die schwierige Lage mancher Betriebe. Das Personal fair zu bezahlen, sei für die Zukunft der Branche jedoch unerlässlich.
„Dass die Einkommen in Bäckereien kräftig steigen, ist wichtig, damit die Beschäftigten die explodierenden Lebenshaltungskosten überhaupt stemmen können“, so Ocak. Zugleich sei eine bessere Bezahlung ein „Zeichen der Wertschätzung“ für Traditionsberufe, auf die niemand verzichten wolle. Die Tarifverhandlungen zwischen der NGG und dem Landes-Innungsverband für das bayerische Bäckerhandwerk starten am 17. Oktober in München.
Nach Beobachtung von Gewerkschafter Ocak ist der Fachkräftemangel mittlerweile in nahezu allen 21 Bäckereien, die es laut Arbeitsagentur im Kreis Haßberge gibt, zu einem handfesten Problem geworden. „Für manchen Ausbildungsplatz gibt es keine einzige Bewerbung. Die Folgen sind dramatisch. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes sank die Zahl der Abschlussprüfungen in Bayerns Bäckerhandwerk zwischen 2010 und 2019 um mehr als 60 Prozent“, macht Ocak deutlich. Und auch bewährte Kräfte verließen die Branche. So wechsele das Verkaufspersonal immer häufiger in den Lebensmitteleinzelhandel. Denn an der Kasse im Discounter werde teils mehr gezahlt als an der Bäckertheke.
Mit dem Lohn-Plus, das die Gewerkschaft fordert, würde eine Bäckereifachverkäuferin künftig 14,82 Euro pro Stunde verdienen. Aktuell sind es 13,67 Euro. Gelernte Bäcker oder Konditorinnen kämen auf einen Stundenlohn von 16,60 Euro.
Quelle: Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)