Milch shoppen und Stockbrot am Lagerfeuer
Franz Müller ist seit 40 Jahren für den Landkreis Bad Kissingen als Zeltwart am Totnansberg tätig
Vor 40 Jahren war Franz Müller knapp 37 Jahre alt, den Posten als Zeltwart am Totnansberg kannte er, so wie man die Dinge eben kennt, wenn man aus der Gegend kommt. Als die Aufgabe neu besetzt werden sollte, bewarb Müller sich beim damaligen Landrat Marko Dyga – per Telefon sollte der erste Kontakt erfolgen. „So einfach wie heute war das allerdings nicht, es gab kein Handy und man konnte nicht einfach so von überall aus telefonieren“, erinnert sich Müller, der damals auch Vorstand vom Wanderverein Wanderfalken Stangenroth gewesen ist. In dem Unternehmen in Wildflecken, in dem der heute fast 77-Jährige in der Produktion arbeitete, gab es nur eine Möglichkeit: Das Telefon im Vorzimmer des Betriebsrats zu nutzen. Die Sekretärin machte es möglich, das Gespräch verlief positiv und seit seiner persönlichen Vorstellung ist Franz Müller offiziell für den Landkreis Bad Kissingen als Zeltwart am Totnansberg unterwegs. „Wenn jemand eine Tätigkeit über einen so langen Zeitraum zuverlässig ausübt, dann zeugt das von viel Freude an dem, was man macht. Für dieses Engagement danken wir sehr herzlich“, sagte stellvertretender Landrat Emil Müller und gratulierte mit einem Präsent.
„Hier auf dem Zeltplatz gibt es immer viel zu tun“, sagt Franz Müller „vor allem am Wochenende.“ Das hieß für die Familie früher: Den Sommer während der Hochsaison daheim zu bleiben und erst im Dezember – wenn überhaupt – in den Urlaub zu starten, denn „hier in der Rhön ist es so schön.“ Reinigen, Instandhalten, Kontrolle – so könnte man die Arbeit zusammenfassen, aber das ist zur kurz gegriffen. Die Aufgaben sind so vielfältig wie die Menschen, die auf dem Zeltplatz campieren. Einmal, so der Zeltwart, da hatte sich ein LKW, der mit Fahrrädern und Zeltmaterial beladen war, festgekeilt. „Er stand fast 14 Tage auf dem Platz, bis er mit einer Seilwinde herausgezogen werden konnte.“ Und, wer hat es organisiert? Na klar: Franz Müller. Das Gelände checken bevor die Gruppen anreisen und überprüfen ob alles in Ordnung ist, wenn die Gäste wieder abreisen, das zählt zum Standard der Aufgaben eines Zeltwarts. Egal ob der Rasen gemäht, die Grube geleert werden muss, kleine Reparaturen oder auch mal ein Tipp zur Shoppingtour ansteht – Müller kümmert sich. Wobei das mit der Shoppingtour in der direkten Nähe sehr überschaubar ist. „Früher war für die Gäste aus der Stadt schon der Milcheinkauf ein Abenteuer“, berichtet der Senior. Mit einer Kanne im Schlepptau führte die Wanderung vom Zeltplatz auf einen der Bauernhöfe, hier wurde dann Kuhmilch geshoppt. „Nicht wenige Kinder und Jugendliche standen zum ersten Mal in einem Kuhstall, das war für viele ein echtes Erlebnis“, erinnert sich Müller. Heute schickt er sie in den Supermarkt.
Wenn es, wie vor kurzem, tageweise in Strömen regnet, arrangiert Müller auch schon mal eine Fahrt „zum Aufwärmen“ in eine Therme oder in eine nächst gelegene größere Stadt. Als Zeltwart ist er zudem als Postbote vor Ort tätig, er verteilt normalerweise Ansichtskarten oder kleine Päckchen, die vorwiegend Eltern schicken. „Gummistiefel waren aber auch schon dabei“, zählt er die eher kuriosen Sendungen auf. Bis zu 80 Personen können auf dem Zeltplatz, der mitten in der Rhön liegt, übernachten. Es gibt Dusch- und Waschräume und ein Versorgerhaus mit einer eingerichteten Küche und einem separaten Vorratsraum. Ess- und Kochgeschirr bringen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen selbst mit. „Spaghetti mit Hackfleischsoße steht ganz oben auf der Liste der Selbstversorger“, nennt Müller das Lieblingsgericht der Gäste, es wurde aber auch schon Pizza bestellt. Lagerfeuer mit Stockbrot steht ebenfalls hoch im Kurs am Totnansberg. Kein Wunder, es rundet am Abend das Abenteuer auf Zeit ab.
Foto: Uschi Mahlmeister