Foto von Kathrin Kupka-Hahn
“Es hat einfach gutgetan”
Bad Bocklet, 19.06.2023 – Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ermöglicht pflegenden Angehörigen einmal jährlich eine Trainings- und Erholungswoche in der HESCURO KLINIK Bad Bocklet. Dort geht es dann aber um mehr.
Jessica Walter steht am Bett. In ihren Händen hält sie ein Handtuch, dessen eine Seite sie zu einer Spitze dreht. “Das ist die sogenannte Bobath-Tüte”, erklärt sie und fügt hinzu: “Die drücke ich der Oma in die Hand, damit sie was zum Greifen und keinen Hohlraum in der Hand hat.” Gesagt, getan. Und schon hält “die Oma” im Bett diese Tüte. “Das fühlt sich gut an”, sagt sie. Dabei ist “die Oma” in diesem Fall aber keine, sondern eine Person um die 50 Jahre alt. Sie nimmt wie neun weitere Gäste an einer Trainings- und Erholungswoche für pflegende Angehörige (TEPA) der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) in der HESCURO KLINIK Bad Bocklet teil.
Im normalen Leben ist “die Oma” Lehrerin und pflegt einen nahen Verwandten. Die Auszeit in der Bad Bockleter Klinik genießt sie – auch wenn sie soeben in einem Pflegebett als “Oma-Modell” liegt. Denn nicht nur die Erholung, sondern auch das Training gehört zum TEPA-Programm. Es umfasst verschiedene Pflegekurse, etwa zur Ersten Hilfe, zu Demenz oder zum rückenschonenden Pflegen, sowieGesprächsrunden mit der Seelsorge oder der Sozialversicherung. In der heutigen Kurseinheit geht es um Lagerungsmöglichkeiten von bettlägerigen Menschen.
“Sie können da wirklich viel falsch machen”, weiß Jessica Walter. Sie ist die Pflegedienstleiterin der HESCURO Kliniken in Bad Kissingen und Bad Bocklet und in dieser Woche Hauptdozentin für die TEPA-Gruppe. Mit wenigen Handgriffen schafft siees, Kissen und Decken so einzusetzen, dass die “Oma“ bequem und ohne Druckpunkteliegt. Denn die können zu Verspannungen, Schmerzen und Unwohlsein führen. “Sie müssen darauf achten, dass alle Hohlräume ausgefüllt sind, etwa an den Füßen, unter den Knien, im Rücken, im Nacken und in der Hand. Dabei ist es ganz egal, wie Sie das machen“, gibt sie den Teilnehmenden mit auf den Weg und ergänzt: “So gelagert, hält die Oma es locker zwei bis drei Stunden aus.”
Ganz so lange muss das “Oma-Modell” aber nicht liegen bleiben, denn der nächste Kurs steht an. Schwester Lena, die hauseigene Wundexpertin (ICW), behandelt das Thema Wundmanagement. Die Fachfrau erklärt den pflegenden Angehörigen sehr anschaulich, wie Wunden entstehen, wie sie diese hygienisch versorgen, welche Wundauflagen sie verwenden können und vieles mehr. “Sprechen Sie IhrePflegedienste auf die Wundversorgung an. Die haben eigene Wundexperten”, macht sie den Angehörigen Mut. Schließlich beantwortet sie zahlreiche Fragen – vor allem zu alten Hausmitteln, die doch häufiger zum Einsatz kommen, als man denkt.
“Diese praktischen Anleitungen und Informationen sind für die pflegenden Angehörigen sehr wichtig”, weiß Jessica Walter, die mehr als 15 Jahre Berufserfahrung als Gesundheits- und Krankenpflegerin hat. “Pflegende Angehörige haben oftmals keine pflegerische Ausbildung. Hinzu kommt, dass sie eine natürliche Hemmschwelle haben, jemanden aus dem privaten Umfeld anzufassen.” Genau da setzt die Pflegedienstleiterin an. In ihren Kurseinheiten vermittelt sie in erster Linie Wissen und Methoden aus dem Bobath-Konzept, aus “Kinästhetik in der Pflege” oder nach dem LiN-Kozept (Lagerung in Neutralstellung). Daneben möchte sie den Teilnehmenden Sicherheit und die Zuversicht zu geben, dass sie in ihre Aufgaben hineinwachsen werden. “Ich lasse sie in den Kursen selbst in die Rolle des zu Pflegenden schlüpfen. Damit sie spüren, wie sich diese bei verschiedenen Pflegetätigkeiten fühlen.“
Bei der aktuellen Gruppe kommt das Konzept der TEPA-Woche sehr gut an. “Ich wusste vieles nicht”, gibt ein Teilnehmer offen zu, etwa das Lagern oder Bewegen des zu Pflegenden. Auch die Hilfsmittel – was man in welcher Situation benutzt – waren für die meisten neu. Doch nicht nur das Thema Pflege wird in den Kursen behandelt. Es gibt auch Trainingseinheiten für die pflegenden Angehörigen selbst: Nordic Walking, Progressive Muskelentspannung, Wasser- und Trockengymnastik. Allesamt Einheiten, die ihnen und ihrer Gesundheit einfach guttun sollen.
Und dann ist da auch noch das Drumherum, das Ambiente mit Zimmerservice, Vollpension und Wellness-Bereich. Die pflegenden Angehörigen sind in der Klinik Gäste, werden bekocht und verwöhnt, dürfen die Seele baumeln lassen. “Ich würde gerne länger bleiben, es hat einfach gutgetan“, verrät eine der Teilnehmerinnen. Die anderen stimmen ihr zu. “Ich habe es genossen, mich einfach mal hinzusetzen und die anderen machen lassen”, beschriebt eine andere Teilnehmerin ihre Eindrücke. “Zufrieden, das trifft es nicht”, sagt die Nächste. Es sei einfach alles toll – das Essen, die Räume, die Unterbringung. “Und das Personal ist unglaublich freundlich”, fügt sie hinzu. Besonders wichtig, darin sind sich alle einige, sei neben all dem auch der Austausch untereinander.
Hans Uwe Schäfer von der Stabsstelle Gesundheitsangebote der SVLFG freut sich, dies zu hören. Er ist Organisator der TEPA-Woche und Ansprechpartner für die pflegenden Angehörigen. “Sie sollen sich in dieser Woche als Menschen wiederfinden und Input erhalten, wie kann ich die Pflege zu Hause verbessern”, beschreibt er die Zielsetzung. Er ist zudem froh, dass das TEPA-Programm auch in diesem Jahr wieder in Präsenz stattfinden konnte. “Während der Corona-Pandemie mussten wir auf die digitale Form ausweichen.“
Dass es ein solches Programm für pflegende Angehörige gibt, wissen nur wenige. “Ich bin auf Empfehlung eines Freundes hier, der von dem Angebot der SVLFG in einer Zeitschrift der Berufsgenossenschaft gelesen hat”, erzählt ein Teilnehmer. Eine andere Teilnehmerin fügt hinzu: “Die Anmeldung hat ganz einfach und unproblematisch geklappt. Ein Anruf hat genügt.” Einzig die Unterbringung des zu Pflegenden sei schwierig gewesen. Manche konnten einen Platz in der Tagespflege ergattern, andere haben die Pflege über Verwandte organisieren können.
Dem TEPA-Organisator Schäfer ist das Problem bekannt. Deshalb hat die SVLFG auch Alternativen im Programm. “Wir bieten online regelmäßig Pflegestammtische an, die immer unter einem bestimmten Thema wie zum Beispiel Kinästhetik bei Demenz stattfinden. Und dann haben wir noch unser Programm Pflegetandem.” Bei diesem reisen der zu Pflegende und sein Angehöriger gemeinsam nach Bad Bocklet. Der eine wird pflegerisch versorgt und der andere kann sich informieren, trainieren und erholen. “Und eine TEPA-Woche wird es im April 2024 ebenfalls wiedergeben”, verrät er.
Über die Kliniken Bad Bocklet AG
Die Kliniken Bad Bocklet AG betreibt als Unternehmensgruppe mit der Dachmarke HESCURO staatlich anerkannte private Rehakliniken an den Standorten Bad Bocklet und Bad Kissingen. Patienten aller Rentenversicherungsträger und Krankenkassen werden in beiden Häusern behandelt. Die Schwerpunkte derAnschlussheilbehandlungen, Heilverfahren, und präventiven Gesundheitsleistungen in Bad Bocklet liegen in den Bereichen Innere Medizin/Onkologie/Diabetologie, Urologie, Geriatrie, Orthopädie und Psychosomatik. Am Standort Bad Kissingen werden orthopädische Patienten behandelt und therapiert. In Kürze nimmt eine geriatrische Abteilung mit 20 Betten ihren Betrieb auf.
In Bad Brückenau wird im Sommer 2023 eine Akutklinik für Privatpatienten mit psychischen Erkrankungen eröffnet. Seit Januar 2023 gehört mit der HESCURO KLINIK Bad Brückenau (ehem. Franz von Prümmer Klinik) ein Akutkrankenhaus mit angegliedertem Medizinischem Versorgungszentrum (MVZ) und Labor zum Portfolio von HESCURO. Die Unternehmensgruppe versteht sich als regionaler Gesundheitsdienstleister in Unterfranken mit einem überregionalen Einzugsgebiet. Weitere Informationen unter www.hescuro.de
Quelle: Kliniken Bad Bocklet AG