Landrat Wilhelm Schneider verabschiedete Monika Strätz-Stopfer in den wohlverdienten Ruhestand und wünschte ihr für den neuen Lebensabschnitt alles Gute. Foto: Moni Göhr/Landratsamt Haßberge
Wertvolle Arbeit für den Landkreis geleistet
Im Interview blickt sie auf ihre fast 45-jährige Tätigkeit im öffentlichen Dienst zurück.
Ein Gesicht, das viele Menschen im Landkreis Haßberge kennen, ist Monika Strätz-Stopfer. „Mit ihr und ihrer Arbeit hat das bürgerschaftliche Engagement, die Selbsthilfe und die Gesundheitsförderung in unserem Landkreis einen Aufschwung erfahren“, lobte Landrat Wilhelm Schneider bei der Verabschiedung in den Ruhestand. Nach fast 45 Jahren hat die Sozialrätin ihre Tätigkeit im öffentlichen Dienst beendet. In einem Interview blickt sie auf ihre Arbeit zurück.
Warum haben Sie sich für das Studium Sozialpädagogik entschieden?
Wie heißt es so schön: Ich wollte einen Beruf ergreifen, der etwas mit Menschen zu tun hat. Deshalb hat sich ein Studium der Sozialpädagogik angeboten. Ein sehr vielseitiger Beruf mit vielen Einsatzmöglichkeiten. Das hat sich im Laufe meiner Berufstätigkeit immer wieder bestätigt.
Wie lange waren Sie beim Landkreis Haßberge beschäftigt?
Mein erster Arbeitgeber nach meinem Studium war das Landratsamt Haßberge. Ich erinnere mich noch genau an meine Vorstellung im Kreistag – 2 Tage vor meiner Hochzeit. Das wusste aber niemand. Und so war es das schönste Geschenk kurze Zeit später die Einstellungszusage zu bekommen. Ab dem 1. November 1978 begann dann meine Dienstzeit im Landratsamt. Dass es insgesamt fast 44 Jahre werden würden, habe ich damals nicht geahnt. Mein erster Chef war Landrat Walter Keller; es folgten Landrat Rudolf Handwerker und dann Landrat Wilhelm Schneider.
Welche Erinnerungen haben Sie an ihren ersten Arbeitstag?
Das Kreisjugendamt war damals im Gebäude der ehemaligen Sparkasse in der Zwerchmaingasseuntergebracht. Das Besondere war, dass meine Schreibarbeiten von einer blinden Mitarbeiterin nach Diktat geschrieben wurden und das nahezu fehlerlos. Das hat mich damals sehr beeindruckt.
Wie hat sich Ihr Arbeitsplatz im Laufe der Jahre gewandelt?
Die äußeren Rahmenbedingungen sind in den letzten Jahrzehnten deutlich familienfreundlicher geworden. So habe ich nach der Geburt meines Sohnes ins damals staatl. Gesundheitsamt gewechselt, weil es im Landratsamt keine Teilzeitbeschäftigung gab. Die Arbeitszeitmodelle der heutigen Zeit und auch das Homeoffice bieten deutlich bessere Möglichkeiten Familie und Beruf zu vereinbaren und das nicht nur für Frauen, sondern auch für die Männer. Die Digitalisierung hat selbstverständlich ebenfalls in unserer Arbeit immer mehr Einzug gehalten; erste Homepages wurden entwickelt; statt Briefe schickt man Emails hin und her. Neben Gleichstellungsarbeit, Jugendhilfeplanung, kamen im Laufe der Jahre weitere Arbeitsfelder hinzu wie das Koordinierungszentrum Bürgerschaftliches Engagement (KoBE), das ich gegründet habe. Eine neutrale Ehrenamtsbörse wurde eingerichtet als Informationsportal für den Landkreis, die Gründung von Bürgerdiensten vorangetrieben.
Welche Projekte haben Sie ins Rollen gebracht?
Das wichtigste Projekt ist aus der damaligen sog. „gemeindenahen Gesundheitskonferenz“ heraus entstanden – einer wissenschaftlich begleiteten Untersuchung, welche Gesundheitsprojekte der Landkreis Haßberge braucht. Als Defizit wurde damals das Fehlen eines Angebots im Bereich der Selbsthilfe angesehen. Und so gründete ich im Mai 1996 die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe am Landratsamt Haßberge (KOS); wir feierten letztes Jahr das 25–jährige Bestehen. Die Selbsthilfe ist mittlerweile als 4. Säule im Gesundheitswesen etabliert; dies zeigt auch die ständig steigende Zahl der interessierten Betroffenen. Einen wichtigen Beitrag dazu liefert auch das „selbsthilfefreundliche Krankenhaus“. Seit 2020 haben die Haßberg-Kliniken dieses Zertifikat. Auf meine Initiative hin schlossen sich Selbsthilfegruppen, die Haßberg-Kliniken und die KOS zusammen. Ziel ist es, dass das medizinische Personal vom Erfahrungswissen der Selbsthilfegruppen profitiert. Im sog. Qualitätszirkel arbeiten hier alle zusammen, um die Selbsthilfe bekannt zu machen und zu etablieren. Wichtig war mir auch eine fachlich fundierte Ferienbetreuung zunächst für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes und dann für den Landkreis zu etablieren. So entstand die Kooperation mit der Fachakademie für Sozialpädagogik in Hofheim, die bis heute andauert. Ein weiteres großes Projekt waren und sind die Gesundheitstage, die in den verschiedenen Orten des Landkreises stattfinden und die Vielfalt der Angebote in den jeweiligen Kommunen präsentieren sollten. Die Einführung der Ehrenamtskarte erfuhr und erfährt durch einen jährlichen Ehrungsabend für alle neuen goldenen Ehrenamtskartenbesitzer*innen (nach 25 Jahren Ehrenamt) eine besondere Wertschätzung. Im kulturellen Bereich durfte ich die Theaterwerkstatt Haßfurt zusammen mit Nina Lorenz begründen. Vorläufer waren die Theaterkurse für Frauen in den Zeiten meiner Gleichstellungsarbeit. Auch die Lesenächte von Frauen für Frauen haben ihren Ursprung in dieser Zeit.
Was war Ihnen wichtig?
Mir war immer wichtig, aktuelle Themen anzugehen und wenn möglich Gelder für Projekte zu akquirieren. Ob es für die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe, für die Theaterwerkstatt Haßberge, die Ehrenamtsbörse, die Gesundheitsregionplus oder für das Pflegenetzwerk war. Sehr wichtig war mir immer im Team zu arbeiten und Netzwerke zu knüpfen. Nur durch diese Zusammenarbeit mit anderen, war es möglich größere Projekte anzugehen. Ein weiterer Punkt war, Strukturen für das Arbeiten zu schaffen und auszubauen. So setzen wir die Idee unseres Sozialamts-Leiters Herrn Dieter Sauer um, ein multiprofessionelles Team zum Bereich Ehrenamt und Gesundheit zusammenzustellen. Diese Form der Zusammenarbeit hat sich in den letzten Jahren sehr bewährt und bringt viele Synergieeffekte.
Was waren die größten Herausforderungen?
Das war anfänglich sicher die Gleichstellungsarbeit; was heute für Männer und Frauen als selbstverständlich erscheint, war es damals noch nicht. Misstrauisch wurde alles beäugt, was wir „Emanzen“ gesagt und getan haben. Das größte Kompliment war mal bei einer Veranstaltung, zu der ich als „neue Gleichstellungsbeauftragte“ eingeladen war, die Aussage: „Sie sind ja ganz normal“.
Wenn Sie auf Ihre berufliche Karriere zurückblicken, welches Fazit können Sie ziehen? Hat die Arbeit immer Spaß und Freude bereitet?
Als Zwilling bin ich ja sehr begeisterungsfähig. Ich hatte tatsächlich das große Glück, viele meiner Ideen umsetzen zu können und Menschen zu finden, die sich für diese Ideen begeistern ließen und mich darin unterstützten. Dabei durfte ich viele verschiedene Arbeitsbereiche kennenlernen – langweilig wurde mir nie. Ich freue mich auch darüber, dass wohl einige meiner Initiativen fortgeführt oder auch ausgebaut werden. Vor allem im Selbsthilfebereich sind durch die langjährige kontinuierliche Zusammenarbeit für mich wertvolle Beziehungen entstanden, die ich sicher vermissen werde.
Welchen Wert haben Sie auf Fortbildungen gelegt?
Fortbildungen waren mir immer wichtig; so habe ich auch noch eine Ausbildung zum NLP-Master gemacht. (Das Neuro-Linguistische Programmieren (kurz NLP) ist eine Sammlung von Methoden und Kommunikationstechniken, welche psychische Abläufe im Menschen im Sinne von Verhaltenstraining positiv beeinflussen sollen.) Diese Kenntnisse konnte ich gut in meinem beruflichen Alltag nutzen. Sich zu reflektieren, Neues zu erfahren und aus den Erfahrungen anderer zu lernen war eine wertvolle Bereicherung in meinem Berufsleben.
Gab es ein besonderes Erlebnis oder eine besondere Begegnung mit einem Menschen, das Ihnen in Erinnerung bleiben wird?
Da gibt es verschiedene Erlebnisse, vor allem mit Menschen aus dem Selbsthilfebereich. Insbesondere Menschen mit Handycaps, die ihr Leben trotzdem optimistisch meistern und auch für andere beratend da sind.
Was war Ihr lustigstes Erlebnis?
Als Gleichstellungsbeauftragte war ich im Rahmen einer Studienreise mit einer Frauengruppe in Schweden, um die Kinderbetreuungsmöglichkeiten des Landes kennenzulernen. Von der langen Fahrt völlig k.o. haben wir uns alle auf ein Gläschen Rotwein gefreut. Wir wurden informiert, dass es in den Supermärkten keine Alkoholika zu kaufen gäbe. Umso begeisterter waren wir, als wir doch einen Rotwein-Tetra-Pack entdeckten und natürlich kauften. Leider mussten wir dann feststellen, dass der tiefrote „Wein“ ein Saft war, den wir 6 Wochen lang hätten ansetzen müssen. Unsere Gastgeber haben sich gekugelt vor Lachen.
Was wünschen Sie Ihrer Nachfolgerin?
Ich wünsche ihr, dass sie mit viel Herzblut, Empathie und Wohlwollen auf die Menschen vor allem im Selbsthilfebereich zugeht.
Was planen Sie für den Ruhestand?
Ich freue mich vor allem darauf mehr Zeit für meine Familie und meine vier kleinen Enkelkinder zu haben. Die werde ich dann in alle Kirchen, Schlösser und Museen mitnehmen, denn Reisen und Kunst bestaunen sind meine große Leidenschaft.
Quelle: Landratsamt Haßfurt