Foto: Von Kathrin Kupka-Hahn. Pflegeschüler Maximilian Emmerling versorgt hier eine Patientin, die Medikamente über eine Sonde erhält.
Pflegeschüler bestehen den Praxistest
Vier Tage trugen die Pflegeschülerinnen und –schüler des Abschlussjahrgangs die Verantwortung auf drei Stationen im Krankenhaus St. Josef. Eine Herausforderung, nicht nur für die angehenden Pflegekräfte.
Maximilian Emmerling arbeitet hoch konzentriert und mit viel Gefühl. Er ist soeben dabei, eine Leitung zu spülen. Die führt zu einer Sonde, die seine Patientin mit Medikamentenversorgt. Ist die Leitung verstopft und läuft die Medizin nicht richtig durch, kann es der Dameganz schnell schlechter gehen. Entsprechend groß dürfte die Anspannung bei dem Pflegeschüler sein: Mache ich alles richtig? Habe ich etwas übersehen? Wird es meiner Patientin gut gehen?
Doch der angehende Pflegefachmann lässt sich nichts anmerken. Ruhig und versiert überprüft er den Tropf, den Beutel, die Fließgeschwindigkeit und sämtliche Anschlüsse. Jeder Handgriff sitzt, so als ob er es schon unzählige Male getan hat. „Geht es Ihnen gut?“, fragt er seine Patientin schließlich. Sie lächelt kurz. Für Maximilian Emmerling ein gutes Zeichen. Doch damit ist seine Arbeit noch nicht getan.
Das, was er soeben erledigt hat, muss er zur Dokumentation in die Patientenakte eintragen -am Stützpunkt der Station. Hier sind alle Plätze belegt, denn die Kolleginnen sind gerade dabei, die Medikamente für die Patienten vorzubereiten. Akte für Akte gehen die jungen Frauen durch, prüfen, lesen noch einmal nach. Auch sie arbeiten gewissenhaft und konzentriert, portionieren den Medikamentenbedarf für diesen Tag. Eigentlich sind das ganz normale Vorgänge auf der Station 3.1, die jeden Morgen stattfinden. Und trotzdem ist alles anders. Denn sämtliche Tätigkeiten verrichten hier nicht etwa die üblichen Pflegekräfte, sondern die Pflegeschülerinnen und –schüler des Abschlussjahrgangs der Berufsfachschule für Pflege am Krankenhaus St. Josef. Sie haben für einen Teil der Station, die zur Abteilung Innere Medizin gehört, die Verantwortung übernommen.
„Stationsprojekt“ nennt sich dieser Einsatz und das bedeutet: Die Schüler erledigen für vier Tage die komplette Pflege und Versorgung der dort befindlichen Patienten. Diese haben ihrer Erkrankung entsprechend ganz unterschiedliche Bedürfnisse. „Sie leiden an Herzschwäche oder Entzündungen des Verdauungstraktes, sind an Krebs erkrankt oder haben eine Magenspiegelung anstehen“, erzählt die angehende Pflegefachkraft Anna Kleinhenz zum Auftakt des Projektes am Freitagnachmittag.
Den nutzen die auf der Station eingeteilten acht Pflegeschüler dazu, sich bei den Patienten vorzustellen und sie kennenzulernen. Ein wenig aufgeregt sind sie dabei schon. Fragen wie „Werde ich die Anforderungen erfüllen können? Bin ich schon so weit?“, gehen ihnen durch den Kopf. „Ich finde es interessant, herauszufinden, wie ist mein Wissenstand und was ich für die Prüfung in drei Monaten noch verbessern muss.“, sagt Maximilian Emmerling. Fünf Tage später lautet sein Fazit: „Da geht schon was, man konnte hineinwachsen.“
Lehrerin Melanie Weingart und ihre Kollegen gehen sogar noch weiter: „Es waren vier richtig gute Tage.“ Schließlich waren die Pflegeschüler während des Praxisprojektes nicht auf sich gestellt, sondern hatten pro Station eine Lehrkraft und auch zwei Praxisanleiter an ihrer Seite.Für Fragen, bei Notfällen oder falls doch fachliche Unterstützung gebraucht wird. „Das Dastehen und Gucken fiel schwer“, bestätigen die Praxisanleiterinnen. Nicht etwa, weil Fehler passiert sind, sondern weil die Pflegeschüler ihre Aufgaben mit Bravour gemeistert haben. „Ihr wart motiviert und konzentriert. Ihr habt als Team zusammengearbeitet“, so die Einschätzung.
Pflegeschülerin Anna Kleinhenz war im Team auf der Station 3.1 als Schichtleiterin eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörte unter anderem die Kommunikation mit den Ärzten, das Medikamentenmanagement und das Delegieren der anfallenden Aufgaben. „Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt“, blickt sie zurück. Dennoch war es eine ganz neue Erfahrung für sie, etwa den Alltagsstress auf einer Station zu bewältigen oder die Schüler-Kollegen einzuteilen. „Das ist uns am Anfang echt schwer gefallen, doch wir haben uns daran gewöhnt.“ Ebenso war es eine Herausforderung, herauszufinden: Was hat Priorität? Was kann später erledigt werden? Aber mit jedem Tag ging es ein Stückchen besser.
Trotz all dem positiven Feedback nehmen die Schüler aus dem „Praxisprojekt“ ein paar „Hausaufgaben“ mit, die sie gemeinsam mit den Lehrern und Praxisanleitern erledigen möchten. Schließlich stehen in wenigen Wochen ihre schriftlichen und praktischen Examen an. „Die Entlassung der Patienten“, nannte eine Schülerin, was noch einmal durchgenommen werden müsste. Der Umgang mit den verschiedenen Computerprogrammen wurde von anderen angesprochen und auch die Wechsel- und Nebenwirkungen von Medikamenten.
Alles in Allem gehen die Pflegeschüler nach den vier Tagen Praxisprojekt zufrieden nach Hause. „Mir hat der Einsatz die Nervosität genommen“, sagt Anna Kleinhenz. Denn in wenigen Wochen wird sie jeden Tag als examinierte Kranken- und Gesundheitspflegerin arbeiten. Sie habe in den vier Tagen zwar viel Neues gelernt, aber der Alltag auf der Station habe Sicherheit gegeben. „So ein Praxisprojekt sollte es an jedem Krankenhaus, in jeder Pflegeinrichtung geben“, fasst Maximilian Emmerling zusammen.
Quelle: Krankenhaus St. Josef