Die Menschenrechtswoche hat sich etabliert und wird mit durchschnittlich rund 200 Teilnehmenden gut besucht
Die Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der FHWS hat Anfang Dezember zur digitalen „8. Menschenrechtswoche“ mit deutsch- und englischsprachigen Beiträgen, Podiumsdiskussionen sowie einem Filmbeitrag eingeladen: Hintergrund der Veranstaltung bildete die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948. Im Jahr 2014 wurde die Menschenrechtswoche erstmalig an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt angeboten – mit durchschnittlich 200 Teilnehmenden pro Veranstaltung ist sie mittlerweile sehr gut etabliert. Sie informiert, hinterfragt, erschüttert, diskutiert und motiviert junge Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler sowie Gäste und Interessierte.
Menschenrechtswoche – 24 Veranstaltungen an fünf Tagen
Zu insgesamt 24 Veranstaltungen lud das Organisationsteam mit Prof. Dr. Theresia Wintergerst, Prof. Dr. Oliver Bertsche sowie Prof. Dr. Ralph-Christian Amthor ein. Das „Coronavirus als eine Herausforderung für die soziale Entwicklung“ kam dabei ebenso zur Sprache wie die Buchvorstellung von Prof. Dr. Ulrich Brand, Universität Wien mit seinem Bestseller „Jenseits der imperialen Lebensweise. Herausforderungen für sozial-ökologische Transformationen“, der professionelle Blick auf die Flüchtlingssituation mit den Themen „Psychische Gesundheit von Geflüchteten“ und „Human rights perspective more than an obligation: The experience of social work practice with refugees in Jordan“. Neben dem Blick auf aktuelle Herausforderungen wurden auch Perspektiven für die Zukunft entworfen z.B. in „The protection of fundamental rights in the European Union – current challenges and developments“ und im Vortrag „Klimaschutz und Resilienz vertragen kein Wachstum“.
„Das Coronavirus – Eine Herausforderung für soziale Entwicklung“ (Prof. Dr. Tanja Kleibl, FHWS; Prof. Dr. Ronald Lutz, Fachhochschule Erfurt, Leipzig; Dr. Rebecca Gutwald, Hochschule für Philosophie, München; Robel Afeworki Abay, Humboldt-Universität Berlin). Die Herausgeberinnen und Herausgeber der globalen Perspektiven, „The Coronavirus Crisis and Challenges to Social Development“, erläuterten in ihren Beiträgen, dass Ausgrenzungsmechanismen an vielen Fronten greifen. Eine bewusste Distanz zu schaffen u.a. in den Bereichen der Pandemie sowie des Klimas sei nicht mehr möglich – die Welt bilde eine Gemeinschaft und sei aufgerufen, Herausforderungen ihrer Zeit kooperativ zu begegnen. Ziel ihres Buches sei es, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und mögliche notwendige Änderungen in Politik und sozialer Arbeit zu diskutieren.
Filmische Dokumentation “Coded Bias” (Regie: Shalini Kantayya): In einer Kooperation der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften mit der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen wurde die filmische, international vielfach ausgezeichnete Dokumentation „Coded Bias“ („Vorprogrammierte Diskriminierung“) hochschulweit gezeigt. Es geht um eine Gesichtserkennungssoftware und verzerrte Datensätze. Zum Inhalt des Films: Joy Buolamwini, Computerwissenschaftlerin am Massachusetts Institute of Technology, entdeckt durch Zufall während eines Kunstprojektes die rassistische und sexistische Auswirkung von Gesichtserkennung, in der sie nicht als Person erkannt wird. Die damit verbundene Sozialkritik von Macht- und Wirtschaftsinteressen wird wissenschaftlich reflektiert und zeigt auf, dass ein tendenziöser Datensatz nicht ein technisches Problem darstellt, sondern vielmehr ein gesellschaftliches: Wenn Daten von Maschinen verarbeitet werden, wird eine objektiv-technische Vorgehensweise angenommen – doch es wird nur die Perspektive einer kleinen privilegierten Gruppe repräsentiert.
Die Beteiligten der Podiumsdiskussion waren fakultätsübergreifend und interdisziplinär zusammengesetzt mit Prof. Dr. Christian Kraus (Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen) sowie Prof. Dr. Frank-Michael Schleif und Niklas Niedner aus der Fakultät Informatik und Wirtschaftsinformatik mit Kolleginnen und Kollegen der Sozialen Arbeit: Hier waren Prof. Dr. Theresia Wintergerst, Prof. Dr. Ulrich Gartzke und Prof. Dr. Achim Förster vertreten. Neben technischen Fragen zur Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten von Algorithmen standen vor allem die im Film angesprochenen ethischen Fragestellungen im Mittelpunkt des Gesprächs. Prof. Dr. Wintergerst sowie Prof Dr. Kraus beschrieben die ethischen Dimensionen der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz und deren Anwendungsfelder in der Sozialen Arbeit. Das Fazit der Diskussion: Die Fachdisziplinen sollten sich annähern und vernetzen. Es sei wichtig, sich bereits jetzt mit den Entwicklungen, den Risiken und Chancen der künstlichen Intelligenz auseinanderzusetzen. Nur dann können gelinge es, die Chancen zu nutzen und die Risiken zu minimieren.
Güteprinzipien in der Anwerbung internationaler Pflegefachkräfte (Dr. Sarina Strumpen, Kuratorium Deutsche Altershilfe Berlin): Die Gesetze des Marktes sind in allen Bereichen identisch – wenn der Bedarf hoch ist, kommen neben regulären Anbietenden auch Personalvermittlungsagenturen hinzu mit undurchsichtigen Offerten. Dies sei auch bei der hohen Nachfrage nach Pflegefachkräften nicht anders, leitete Prof. Dr. Lukas Slotala den Betrag von Dr. Sarina Strumpen ein. Sie referierte zum Thema „Güteprinzipien in der Anwerbung internationaler Pflegefachkräfte“.
Um die Schritte der Anwerbung durch rund 120 Agenturen in Deutschland transparent zu gestalten, wurde die Idee geboren, ein Gütesiegel zu verleihen, das die Qualität des Vermittlungsprozesses der Fachkräfte durch Personalserviceagenturen wie Gesundheitseinrichtungen garantiert. Geleitet durch die Prinzipien der Schriftform, Unentgeltlichkeit, Verhältnismäßigkeit, Transparenz, Nachhaltigkeit sowie Verantwortlichkeit umfasst der Anforderungskatalog an das Gütesiegel vier Bereiche:
die Informationen zur Erwerbsmigration
die Unternehmensverantwortlichkeit
die Transparenz im Personalgewinnungsprozess gegenüber Kandidatinnen und Kandidaten sowie
die Transparenz im Personalgewinnungsprozess gegenüber der Kundschaft
Man einigte sich auf ein RAL-Gütezeichen, das der Verein „Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e.V.“ vergibt. Inhaber des Gütesiegels ist das Bundesministerium für Gesundheit, Herausgeber das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA). Über den Link https://www.faire-anwerbung-pflege-deutschland.de/ können sich Interessierte informieren. Fünfzig Agenturen, also rund ein Drittel des deutschen Marktes, haben sich bereits mit einer Qualitätsprüfung beim Gütesiegel-Verein beworben, so Dr. Strumpen.
Quelle: Hochschule Würzburg-Schweinfurt