Nordseite der freigelegten barocken Bootsrampe Foto: Gartenamt / Alexander Liebler

Mainkaipromenade
Am südlichen Ende der Mainkaipromenade liegt ein nur wenig einsehbarer Ort: das Maingärtchen. Auf der Promenaden- und der Straßenseite ist es von hohen Natursteinmauern umgeben. Im Süden schließt sich das Grundstück des Wasserkraftwerks an der alten Mainbrücke an. Von außen sichtbar ist lediglich ein kleiner Eckpavillon. Dessen Abschlussgesims ist aufwändig und filigran aus den verwendeten Muschelkalkblöcken herausgearbeitet. Die Ecken des Pavillons sind allseitig abgerundet und gegenüber den seitlichen Wandflächen leicht vertieft. Diese Details legten den Verdacht nahe, dass es sich ursprünglich um ein freistehendes Bauwerk handelte. Der Zweck des Gebäudes und das Alter waren aber nicht einzuordnen, weshalb der Pavillon über viele Jahrzehnte als Gartenpavillon bezeichnet wurde.
An diesem besonderen Ort begann das Gartenamt im Frühjahr mit den Bauarbeiten für die Anlage eines kleinen Gärtchens mit einem großen neuen Baum, üppigen Staudenflächen und Sitzmöglichkeiten. Bei den Erdarbeiten zur Herstellung der geplanten Baumgrube stießen Mitarbeiter des Gartenamtes auf einen massiven Mauerwerkskörper aus Natursteinblöcken. Äußerste Vorsicht war geboten. Schicht um Schicht wurden die seitlichen Verfüllungen abgetragen, bis eine Lage aus zerkleinertem Buntsandsteinbruch sichtbar wurde. Dieser fällt bei der Bearbeitung von Naturstein an. Unter dieser dünnen, rötlichen Schicht trat schließlich eine geneigte Pflasterfläche zu Tage. Zu diesem Zeitpunkt wurde Gartenamtsleiter Dr. Helge Bert Grob klar, auf welches historische Juwel seine Mitarbeiter gestoßen waren: die sehr gut erhaltenen Reste einer Slipanlage (Bootsrampe). Daraufhin wurde die gesamte Anlage behutsam durch das Gartenamt freigelegt. Die archäologische Begleitung erfolgte durch das Büro für Ausgrabungen und Dokumentationen Heyse.
Auf der Südseite begrenzt der erwähnte massive Mauerwerkskörper die Bootsrampe. Er ist mindestens 10,50 m lang und ca. 3 m breit. Die seitlichen Mauerschalen bestehen aus sorgfältig bearbeiteten Kalksteinquadern. Einzelne Blöcke sind über einen Meter lang und bis zu 57 cm hoch. Um ein Verrutschen zu verhindern, ist eine Vielzahl an Steinen mit Eisenklammern verbunden. Die Fixierung der Klammern erfolgte mit Bleiplomben. Dr. Grob: „Diese uralte Technik wurde vor über 2500 Jahren entwickelt. Sie ist vor allem bei Palästen, Festungen und Wasserbauwerken weit verbreitet. So finden sich auch an der alten Mainbrücke in Würzburg zahlreiche Eisenklammern.“ Die nördliche Begrenzung der Bootsrampe ist nahezu identisch beschaffen. Auf ihr steht der zu Beginn erwähnte Pavillon. Zwischen diesen seitlichen Fassungen aus Kalksteinblöcken liegt die eigentliche Bootsrampe aus Kalksteinpflaster. Sie ist etwa 7,5 m breit und in weiten Teilen hervorragend erhalten. Mit über 20 % ist die Neigung der Fläche beträchtlich. Dessen ungeachtet wurde die Bootsrampe offensichtlich intensiv genutzt. Darauf lassen die glatten Oberflächen der verwendeten Pflastersteine schließen. Zum Vertäuen der Boote dienten die in die Seitenwände eingelassenen beweglichen Eisenringe.
Vor diesem Hintergrund muss das ursprünglich als Gartenpavillon gedeutete kleine Bauwerk neu bewertet werden. Sehr wahrscheinlich handelt es sich eher um einen Aufsichtspavillon, von dem aus die Be- und Entladevorgänge auf der Rampe überwacht wurden. Die sorgfältige Ausführung und die exquisiten Details lassen auf ein von der Obrigkeit beauftragtes Bauwerk schließen.
Das Ende der Nutzung der Bootsrampe kam spätesten Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Bau eines Überlaufkanales aus Klinkern in die geneigte Fläche. In diesem Zusammenhang wurden der Bereich zwischen den seitlichen Begrenzungsmauern verfüllt und die Öffnung zum Main hin verschlossen. Daraufhin setzte für die Bootsrampe ein über hundertjähriger Dornröschenschlaf ein.
Denkmalensemble: Gartenamt passt Planungen an
Aufgrund seiner abgerundeten Ecken lässt sich der Aufsichtspavillon und damit die Bootsrampe sicher in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts datieren. Hier wurde ein für den fränkischen Barock charakteristisches Architekturmotiv herrschaftlicher Monumentalbauten auf einen Zweckbau übertragen. Folglich entstand die Bootsrampe zeitgleich mit der Welterbestätte Würzburger Residenz und noch vor dem Alten Kranen. Vor diesem Hintergrund läuft momentan die Unterschutzstellung dieses barocken Schmuckstücks als Baudenkmal durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Dr. Grob: „Zweifelsohne bildet es zusammen mit dem Alten Kranen, der Hafenmauer, der alten Floßgasse sowie den Resten des Umlaufkanales und des Streichwehres ein Denkmalensemble von nationaler Bedeutung.“
Daher hat das Gartenamt seine Planung an die neuen Gegebenheiten angepasst. Bürgermeister Martin Heilig: „Die Vorstellung erfolgt am 20. Oktober 2021 im Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschuss des Stadtrates. Unser Ziel ist, das historische Bauwerk in seiner Bedeutung zu würdigen, ohne die gestalterische und ökologische Aufwertung der stark frequentierten Promenade am Alten Kranen zu vernachlässigen.“

Quelle: Stadt Würzburg

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