Dem Mittelstand geht es nach der Corona-Einbruch im letzten Jahr wieder gut. Wir haben mit Raymond Polyak dem Geschäftsführenden Gesellschaft von Creditreform Würzburg Bauer & Polyak KG am Morgen gesprochen:
Erholung hat eingesetzt – Engpässe bremsen Aufstieg aus dem Corona-Tal
Der Mittelstand hat sich vom Corona-Einbruch aus dem Vorjahr erholt, leidet aber unter den Nachwirkungen. Das ist das zentrale Ergebnis der aktuellen Herbstumfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung. Demnach wird die Geschäftslage von den rund 1.200 befragten Unternehmen wieder deutlich positiver eingeschätzt. Der Creditreform Geschäftsklimaindex (CGK) für den Mittelstand springt von minus 5,7 auf plus 25,2 Punkte und liegt damit wieder auf Vor-Corona-Niveau. Der deutliche Stimmungsaufschwung ist insbesondere bei der Einschätzung der Geschäftslage zu beobachten. Auch die Erwartungen haben sich aufgehellt und sind wieder mehrheitlich zuversichtlich.
„Der Mittelstand fasst wieder Zuversicht“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. „Im Vorjahr war die Corona-Krise vor allem durch eine enorme Unsicherheit geprägt. Das zeigte sich damals beispielsweise in einer sehr zurückhaltenden Investitionstätigkeit“. Hantzsch weiter: „In diesem Jahr ist die Situation eine andere. Die Wirksamkeit der Impfstoffe auch gegen aufgekommene Virusmutationen hat die Zuversicht auf ein baldiges Ende der Pandemie beflügelt. Von Lockdown ist kaum mehr die Rede. Allerdings wird die Konjunkturerholung durch die Folgen der Corona-Beschränkungen gebremst“, sagte Hantzsch mit Blick auf Lieferengpässe und Preisaufschläge.
Auftrags- und Umsatzlage sichtlich erholt
Gleichwohl ist ein Aufschwung unverkennbar. Das spiegelt sich in der Auftrags- und Umsatzlage wider. 38,2 Prozent der Befragten meldeten gestiegene Auftragsbestände (Vorjahr: 23,6 Prozent). Nur wenige (12,0 Prozent) verzeichneten Auftragsrückgänge. Vor einem Jahr waren 37,1 Prozent betroffen gewesen. Auch der Umsatz legte vielfach wieder zu. 42,5 Prozent der Befragten konnten Umsatzsteigerungen melden (Vorjahr: 25,6 Prozent). Der Anteil der Unternehmen, die Umsatzrückgänge hinzunehmen hatten, nahm von 35,8 auf 12,6 Prozent ab.
Aufgrund der verbesserten Geschäftslage holten die Unternehmen Personal zurück und stockten zum Teil weiter auf. So haben 27,1 Prozent der Befragten im Verlauf des letzten halben Jahres den Personalbestand erhöht. Bei 11,0 Prozent der Unternehmen ist die Zahl der Mitarbeiter zuletzt gesunken. Das dürfte aber vorrangig der aktuellen Fachkräfteknappheit geschuldet sein.
Mittelstand ist zuversichtlich
Die wieder bessere Auftragslage dürfte sich zumindest bis zum Jahreswechsel 2021/2022 fortsetzen. Natürlich unter der Voraussetzung, dass es zu keinen neuerlichen Corona-Einschränkungen kommt. Die Erwartungen der Unternehmen sind jedenfalls spürbar zuversichtlicher als noch im Vorjahr. Nur jeder neunte Befragte rechnet mit rückläufigen Aufträgen, 23,1 Prozent waren es noch im Vorjahr. 28,9 Prozent der Befragten erwarten steigende Auftragseingänge. Auch beim Thema Umsatzerwartungen haben Optimisten wieder die Mehrheit. Gut ein Drittel der Befragten (34,7 Prozent) rechnen mit steigenden Umsätzen, weniger als jeder zehnte (9,1 Prozent) mit Umsatzeinbußen (Vorjahr: 25,1 Prozent). Nicht ganz so optimistisch wie die anderen Wirtschaftsbereiche ist aber der Handel, was möglicherweise auf die gestiegene Konkurrenz des Online-Handels zurückzuführen ist.
Dass die mittelständischen Unternehmen wieder Kapazitätserweiterungen vorhaben, wird beim Blick auf die Personalplanungen und die Investitionsbereitschaft deutlich. 28,3 Prozent der Befragten wollen die Belegschaft aufstocken (Vorjahr: 17,4 Prozent). Zudem plant gut die Hälfte der Unternehmen (51,6 Prozent) ein Investitionsvorhaben. Das ist ein deutlich höherer Wert als im Vorjahr (45,5 Prozent), als Corona-bedingt Investitionen eher zurückgestellt wurden.
Unternehmensstabilität wiederhergestellt
Deutlich positiver als zuletzt stellt sich die Ertragslage im Mittelstand dar. Im Vorjahr waren die Erträge im Zuge der Corona-Pandemie stark unter Druck gekommen. Mittlerweile meldet gut ein Viertel der Befragten steigende Erträge (26,8 Prozent). Von Ertragseinbußen berichteten die befragten Unternehmen deutlich seltener als im Vorjahr. Trotz Corona-Krise war die Zahl der Ausfälle und Insolvenzen im Mittelstand nicht gestiegen. Anteil daran hatte neben den staatlichen Hilfen auch die in den letzten Jahren verbesserte Eigenkapitalsituation. Derzeit ist noch jedes vierte Unternehmen (25,4 Prozent) als eigenkapitalschwach zu bezeichnen (Eigenkapitalquote unter 10 Prozent). Dieser Anteil ist der niedrigste in den vergangenen zehn 10 Jahren und Ausdruck der mittlerweile hohen Bedeutung der Eigenkapitalquote für den Mittelstand. Positiv auch, dass ein Drittel der Unternehmen (32,7 Prozent) über eine vergleichsweise hohe Eigenkapitalquote von über 30 Prozent verfügt. Weniger Probleme haben die Unternehmen mit dem Zahlungsverhalten der Kunden. Eine Zunahme der Verzögerungen meldete aber das Verarbeitende Gewerbe. Zumeist waren aufgetretene Forderungsausfälle aber von geringer Höhe.
Bedrohungen für den Aufschwung
Starke Preisanstiege und Lieferengpässe bedrohen den Konjunkturaufschwung in Deutschland. Auch der Mittelstand spürt die Auswirkungen. Die Unternehmen sind mehrheitlich von Lieferschwierigkeiten und Materialmangel betroffen. Vorrangig können Leistungen nicht wie geplant ausgeführt werden oder Produkte nicht hergestellt werden, auch drücken die steigende Preise auf die Margen. So kannten die Preise vieler Produkte in den letzten Monaten nur eine Richtung: Nach oben. Entsprechend mussten viele Mittelständler (56,7 Prozent) bereits die Angebotspreise erhöhen. Und ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht.
Zu einem weiteren Hemmnis für den Aufschwung entwickelt sich der Fachkräftemangel. Fast die Hälfte der Unternehmen (46,4 Prozent) kann schon jetzt Aufträge nicht umsetzen und verliert so Umsatz. Vor allem das Baugewerbe sieht sich betroffen. In der eigenen Ausbildung von Fachnachwuchs erkennen die Mittelständler aber eine gute Möglichkeit der Fachkräftesicherung. Zum zweiten besteht auch die Option der Automatisierung bzw. Digitalisierung, um so Arbeitskräfte zu ersetzen. Dabei wünschen sich die kleinen und mittleren Unternehmen aber möglichst wenig Bürokratie und eine Optimierung der staatlichen Förder- und Beratungsprogramme.
Quelle: Creditreform Würzburg Bauer & Polyak KG
2021-10-13_Analyse_MIT-herbst-2021