„Das Problem der Kreditwürdigkeit wird gelöst“

Das 7. Treffen der bayerischen Bahnreaktivierungs-Initiativen fand kürzlich in Schweinfurt statt. Seit 2014 organisiert der VCD Bayern diese Treffen jährlich. Nur im Jahr 2020 musste die Tagung ausfallen.
Schwerpunkt der Tagung war eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aller relevanten Landtagsfraktionen. Die VCD-Bundesvorsitzenden Kerstin Haarmann moderierte die Diskussion. Einigkeit bestand über die Dringlichkeit des Handelns angesichts der Klimakrise gesehen und auch darüber, dass es wichtig ist, auch im ländlichen Raum ein vernünftiges Angebot im öffentlichen Verkehr bereitzustellen. Der Vorsitzende des VCD Bayern, Dr. Christian Loos, freut sich über die gute Resonanz im Pandemiejahr 2021: „Wie in den Vorjahren konnten wir ca. 60 an Bahnreaktivierungen interessierte Menschen aus vielen Initiativen und Unternehmen auf unserer Tagung begrüßen.“

Applaus bekam der Abgeordnete Jürgen Baumgärtner, verkehrspolitischer Sprecher der CSU im Landtag, für die Aussage, dass die Strecke Gotteszell-Viechtach „bleibt“. Kritisiert wurde aus dem Auditorium, dass zur Vorbereitung einer Reaktivierung erst die betroffenen Landkreise und kreisfreien Städte Beschlüsse zugunsten einer Reaktivierung der fraglichen Bahnstrecke fassen müssen. Das sei für viele Landkreise eine hohe Hürde, da sie nicht einschätzen können, welche Folgen und Folgekosten sich daraus ergeben. Besser sei es, den Weg zur Reaktivierung mit einer Potenzialanalyse zu beginnen. Diese ermittelt, wie viele Fahrgäste bzw. Fahrgastkilometer pro Kilometer Streckenlänge zu erwarten sind. Zur Überraschung der Tagungsgäste nahm Jürgen Baumgärtner die Anregung aus der Tagung auf und versprach, dass er sich dafür einsetzen wird, dass künftig zuerst die Potenzialanalyse für eine Strecke erstellt wird. Derzeit bekommen Eisenbahninfrastrukturunternehmen, die eine Strecke für eine Reaktivierung auf ihre Kosten herrichten müssen, keine Kredite. Die Banken erkennen die Garantie des Freistaats, auf dieser Strecke für einen bestimmten Zeitraum  Personenverkehr zu bestellen, nicht als Sicherheit an. Auch hier versprach der Abgeordnete Abhilfe: „Das Problem der Kreditwürdigkeit wird gelöst“ so Baumgärtner. „Wir freuen uns über Herrn Baumgärtners Zusagen. Wir werden beizeiten nachhaken, was er durchsetzen konnte“, versprach Dr. Christian Loos nach der Tagung.

Abgeordneter Manfred Eibl, Freie Wähler, kritisierte, dass Busse oft an der Landkreisgrenze enden. Da höre offenbar das Denken an der Kreisgrenze auf. Daher sehe er Verbundkonzepte als wichtigen ersten Schritt zu einem besseren ÖPNV. Auch sollten Landkreise Bahnstrecken bei Reaktivierungen mitfinanzieren. Der Abgeordnete Paul Knoblach von den Grünen merkte an, dass die Staatsregierung Gelder in den teuren Bau der 2. Stammstecke in München abzweigt, die dann in den ländlichen Räumen und damit auch für Bahnreaktivierungen fehlen würden. Dr. Helmut Kaltenhäuser, Mitglied der FDP-Fraktion im Landtag bekannte sich zunächst zur Reaktivierung der Bachgaubahn zwischen Aschaffenburg und Großostheim. Wichtig sei insbesondere die Verknüpfung der Verkehrsträger. Die bayerischen Reaktivierungskriterien sollten modifiziert und um Strukturfaktoren der Regionen ergänzt werden. MdL Volker Halbleib, SPD, appellierte an den Freistaat, Reaktivierungen selber aktiv anzupacken, statt nur auf Initiativen aus den betroffenen Regionen zu warten. Er merkte auch an, dass Bahnlinien Entwicklungsachsen seien, auch hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung.
Zudem dürften Kosten, die aus Jahrzehnten unterlassener Investitionen resultieren, z.B. wegen fehlender Brücken über den Main, nicht der jeweiligen Bahn angelastet werden.

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Unter den Gästen waren auch die Landtagsabgeordneten Alfons Brandl aus Mittelfranken, der sich für die Hesselbergbahn und die romantische Schiene einsetzt und Barbara Becker aus dem Landkreis Kitzingen.

Neben der Podiumsdiskussion wurden die Teilnehmer über aktuelle Entwicklung der zu reaktivierenden Bahnlinien im Raum Schweinfurt, die Mainschleifenbahn zwischen Volkach und Seligenstadt und die Steigerwaldbahn zwischen Schweinfurt und Kitzingen unterrichtet. Andreas Schulz, ehemaliger Leiter Planung bei der BEG in München, informierte über die Bahnreaktivierungspolitik in Baden-Württemberg und Dr. Thomas Schempf stellte zusammen mit Dr. Frank Ludwig ein Positionspapier der bayerischen Eisenbahninfrastrukturunternehmen vor. Launig in die Veranstaltung eingeführt wurde in Grußworten von Sorya Lippert, Zweite Bürgermeisterin der Stadt Schweinfurt und Thomas Vilzl, Kreisrat im Landkreis Schweinfurt.

Quelle: Verkehrsclub Deutschland (VCD), Landesverband Bayern e.V.