Fotos: Michael Will / BRK
15 Helfer vom BRK Haßberge mit Kollegen aus ganz Unterfranken im Katastrophengebiet unterwegs
HASSFURT / HÖSBACH – Aus dem Landkreis Haßberge ist Hilfe in das von der Hochwasser-Katastrophe betroffene Westdeutschland gestartet. Im Rahmen des Standard-Hilfeleistungskontingents Unterfranken sind seit Samstagvormittag (17. Juli) 15 Helferinnen und Helfer mit sieben Fahrzeugen im Einsatz. Sie werden in den nächsten Tagen körperlich kräftezehrende und emotional fordernde Stunden erleben, wenn es darum geht, Menschen im Katastrophengebiet zu helfen und Verletzte mit zu versorgen.
Am Samstag, gegen 8.15 Uhr, wurden die Einheiten des Katastrophenschutzes alarmiert. Helfer wurden unterrichtet und innerhalb kürzester Zeit wurde die Einsatzbereitschaft hergestellt und die Hilfsmannschaft aus den Haßbergen stand bereit. Sie setzt sich für das unterfränkische Hilfeleistungskontingent zusammen aus Helferinnen und Helfern der Schnelleinsatzgruppen (SEG) „Information und Kommunikation“, „Technik und Sicherheit“ sowie „Transport“. Alle Einsatzkräfte sind ehrenamtlich tätig und rekrutieren sich aus den Bereitschaften Eltmann, Zeil, Knetzgau, Memmelsdorf und Ebern.
Am Sammelpunkt beim BRK-Kreisverband in Haßfurt herrscht kurz vor der Abfahrt nach Hösbach (Landkreis Aschaffenburg) eine Stimmung gemischt aus Aufregung, dem Willen helfen zu wollen und der Erwartung dramatischer Bilder im Hochwassergebiet. Was genau auf die Helferinnen und Helfer zukommt, weiß zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Ihre Einsatzaufträge werden sie erst in Rheinland-Pfalz von den dortigen Einsatzstäben erhalten.
Stefan Funck, Kreisbereitschaftsleiter des BRK in den Haßbergen, spricht von erschreckenden Bildern, die er seit Tagen im Fernsehen gesehen hat. Man könne nur erahnen, welches Leid damit für die direkt Betroffenen verbunden sei. Die Aufgabe des Kontingents werde es höchstwahrscheinlich sein, Behandlungsplätze aufzubauen und Verletzte zu versorgen, womöglich auch bei Evakuierungsmaßnahmen zu unterstützen. „Wir müssen das auf uns zukommen lassen“, sagt Funck. „Wir helfen dort, wo wir gebraucht werden.“
Er und ebenso Rudi Hauck, stellvertretender BRK-Kreisbereitschaftsleiter, danken den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die sich zu dem Einsatz gemeldet haben, um so Mitmenschen in Not in einer ihrer schwersten Krisen zu unterstützen. „Ich bin gespannt, was uns im Katastrophengebiet erwartet“, sagt Hauck. Ist sich zugleich aber sicher: „Wir werden das gemeinsam stemmen.“
„Es ist ein gutes Gefühl, Hilfe leisten zu können“, blickt Anita Strätz, Helferin der SEG Information und Kommunikation, voraus. Auf der Fahrt ins Einsatzgebiet, berichtet sie später, hätten Autofahrer beim Passieren des Konvois gehupt und den Helfern mit dem Signal „Daumen nach oben“ ihren Respekt ausgedrückt. „So etwas berührt einen, es ist ein tolles Gefühl, Zeichen der Dankbarkeit zu erleben.“
So sehen es auch die Ehrenamtlichen Sarah Derwanz und Lukas Zeller. Beide hoffen, durch ihren Einsatz Hilfe für Betroffene in den Hochwassergebieten leisten zu können. „Diese Bilder der totalen Zerstörung, die man im Fernsehen sieht – das ist unglaublich“, sagt Derwanz sichtlich bewegt. „Ich will dort einfach nur helfen.“
Fast den gleichen Satz sagt Thomas Behr von der Bereitschaft Eltmann: „Ich bin froh, einfach helfen zu können.“ Er berichtet vor der Abfahrt von einer gewissen Aufregung, dass es jetzt losgeht und ist gespannt, welche Einsatzaufträge die Helfer bekommen werden und auf welche Bilder der Zerstörung sie treffen. Für Behr ist der Einsatz im Zuge des Hilfeleistungskontingents bereits der zweite dieser Art. Schon 2002 war er beim Elbe-Hochwasser in Dresden mit im Einsatz.
Christian Krämer, ebenfalls von der Bereitschaft Eltmann und zugleich Abschnittsleiter, geht davon aus, dass es eine Aufgabe des Kontingents sein wird, Unterstützung bei der medizinischen Versorgung zu leisten. „Es wurden im Katastrophengebiet ja auch Krankenhäuser evakuiert“, so Krämer. „Ich kann mir vorstellen, dass wir den Auftrag erhalten, Behandlungsplätze aufzubauen und zusammen mit Ärzten und medizinischem Personal Verletzte versorgen müssen.“
„Es entspricht unserem Selbstverständnis, dort zu helfen, wo die Not am größten ist“, beschreibt BRK-Kreisgeschäftsführer Dieter Greger die Aufgabe des Roten Kreuzes und lobt die Ehrenamtler, auf die stets Verlass sei. „Ich bin auf unsere Ehrenamtlichen sehr stolz, die ihre Freizeit und ihren Urlaub dort einbringen, wo uns die Menschen brauchen.“ In Haßfurt wurden die Helfer von Jürgen Geisel, stellvertretender Katastrophenschutzbeauftragter des Kreisverbandes, verabschiedet. Er wünschte ihnen gutes Gelingen im Einsatz und verband damit die Hoffnung, dass alle wieder gesund zurückkommen.
Von Haßfurt aus ging es am späten Samstagvormittag schließlich im Konvoi nach Hösbach im Landkreis Aschaffenburg. Dort sammelte sich das unterfränkische Hilfeleistungskontingent auf dem Gelände der Autobahnmeisterei, um schließlich in zwei Blöcken die rund 230 Kilometer lange Fahrt nach Rheinland-Pfalz anzutreten. Dort war zunächst die Ankunft am Nürburgring vorgesehen, von wo aus die ersten Einsatzaufträge von der dortigen Einsatzleitung an die Helfer erwartet wurden.
In dem Hilfeleistungskontingent sind neben den Einheiten aus dem Kreisverband Haßberge weitere Helfer aus den BRK-Kreisverbänden Aschaffenburg, Bad Kissingen, Kitzingen, Main-Spessart, Miltenberg, Rhön-Grabfeld und Würzburg sowie Einheiten des Arbeiter-Samariter-Bundes aus Schweinfurt und der Malteser aus Würzburg und Aschaffenburg zusammengeführt. Sie sind mit 42 Fahrzeugen ausgerückt.
An der Autobahnmeisterei wurden die rund 150 Helfer von Aschaffenburgs Landrat Dr. Alexander Legler und Hösbachs Bürgermeister Michael Baumann in den Einsatz verabschiedet. Beide dankten den Einsatzkräften für ihre Unterstützung und lobten das ehrenamtliche Engagement, das Rückgrat des Katastrophenschutzes in Bayern und beim Bayerischen Roten Kreuz sei. Seinen Dank sprach auch BRK-Bezirksgeschäftsführer Harald Erhard allen Einsatzkräften in Hösbach aus. Er lobte die organisationsübergreifende Zusammenarbeit, so dass von Unterfranken aus Hilfe für die Betroffenen in Rheinland-Pfalz möglich sei.
Welche beeindruckende Unterstützung aus Unterfranken geleistet werden kann, macht Uwe Kippnich, einer der Kontingentführer, deutlich. Unter anderem können die Einheiten mobile Behandlungsplätze – im Volksmund: Feldlazarette – aufbauen. Pro Behandlungsplatz können dort bis zu 50 Verletzte versorgt werden; ebenfalls sind Ärzte mit im Kontingent sowie weiteres medizinisches Personal. Des Weiteren eine Vielfalt an technischem Gerät, um unter schwierigsten Einsatzbedingungen arbeiten zu können. Beispielsweise kommt ein achträdriges Amphibienfahrzeug zum Einsatz, das durch unwegsames Gelände und auch im Wasser fahren kann. Mit dabei sind ebenso Kradmelder mit ihren Motorrädern, die vor Ort zur Lageerkundung eingesetzt werden können.
Neben dem Aufbau und Betrieb von Behandlungsplätzen könnte nach Kippnichs Worten eine weitere Aufgabe sein, vor Ort die Kommunikation sicherzustellen. Zusätzlich zum Hilfeleistungskontingent seien nämlich noch fünf separate Funk-Einsatzleitwagen dorthin unterwegs. Mit deren Hilfe sei die Aufrechterhaltung der Kommunikation via Satelliten möglich.
Das gesamte Kontingent mit den rund 150 Helfern kann bis zu 72 Stunden völlig autark arbeiten. Entsprechend werden Verpflegung und Getränken mitgeführt, denn dies vor Ort in einem Katastrophengebiet zu organisieren, stelle eine zusätzliche Herausforderung dar. Wie lange der Einsatz konkret dauern wird, war am Wochenende noch nicht abzusehen. Es wird damit gerechnet, dass die Einheiten bis Anfang/Mitte der Woche unterwegs sein werden.
Kippnich, der selbst seit über 35 Jahren beim BRK aktiv, in leitender Position tätig ist und schon oft außergewöhnliche Einsatzlagen begleitet hat, beschreibt die Situation aufgrund der bereits im Fernsehen zu sehenden Bilder als dramatisch. Er kennt ähnliche Bilder aus dem Jahr 2002 bereits vom Hochwassereinsatz in Dresden: „So etwas zu sehen und hautnah mitzuerleben, macht einen nachdenklich.“
Oberstes Ziel sei nun beim Einsatz in Rheinland-Pfalz, den von der Katastrophe betroffenen Menschen so gut wie möglich helfen zu können, besonnen zu handeln und dass alle Helfer wieder gesund nach Hause zurückkehren. „Helfen zu können, ist ein schönes Gefühl“, sagt Kippnich, der sich über den Zusammenhalt und das Leistungsvermögen innerhalb der „Blaulichtfamilie“ freut.
Quelle: Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Haßberge